Fallbeispiel: Rückkehr nach längerer Pause

Anruf 

Eine Frau möchte nach 15 Jahren Familie und privatem Betrieb zurück in eine Festanstellung. In einem Telefonat/Beratungsgespräch erfrage ich zunächst die Basisinformationen:  

  • Sie möchte sich als Erzieherin in Teilzeit bewerben 
  • Sie möchte in eine Festanstellung 
  • Sie möchte ein festes monatliches Einkommen, um die finanzielle Lage der Familie zu stabilisieren 
  • Sie hat ihre Familie (4 Kinder, Ehemann) entsprechend „organisiert“ 
  • Es gibt Backgound-Menschen, die im Notfall, neben dem Ehemann, bei den Kindern einspringen 
  • Der Ehemann steht hinter ihr 
  • Sie hat diverse Stellenangebote herausgesucht, hier ein Beispiel: 

Die Stellenausschreibung: Erzieher (m/w/d). 

Ihre zukünftigen Aufgaben 

  • Betreuung und Entwicklungsbegleitung der Kinder 
  • Mitarbeit nach dem Konzept der Offenen Kindertagesstätte 
  • qualitative Orientierung an der pädagogischen Konzeption der Einrichtung 
  • konstruktive Zusammenarbeit im Kita-Team und mit allen am Bildungs- und Erziehungsprozess beteiligten Personen und Institutionen 

Ihre Perspektiven bei uns

  • abwechslungsreiche Tätigkeit in einer Kita mit ca. 25 Kindern 
  • eigenverantwortliche Aufgaben 
  • Arbeitsverhältnis (Teilzeit) befristet beginnend zum 01.08.2020 
  • regelmäßige Fort- und Weiterbildungen 
  • eine Tätigkeit in Teilzeit (ca. 34,00 Std./Woche) 
  • leistungsgerechte Bezahlung 

Das sollten Sie mitbringen

  • Sie verfügen über einen Abschluss zum staatlich anerkannten Erzieher (m/w/d)
  • Sie sind ein Teamplayer und auf der Suche nach Veränderung 

Wir verbleiben so, dass sie mir ihren letzten Lebenslauf und ihre gesamten Zeugnisse/Arbeitszeugnisse zukommen lässt.

Aufgabe 

  • Anschreiben 
  • Lebenslauf 
  • Sinnvolle Zusammenstellung der Anlagen 

Beratungsgespräch 

Nachdem ich die Unterlagen gesichtet hatte, habe ich einen weiteren Termin mit ihr vereinbart. Hier ging es in erster Linie darum herauszufinden, wie sie sich selber sieht. Warum sie glaubt, für den Job qualifiziert zu sein, trotz 15jähriger Auszeit. Zu erkennen, ob sie sich der Konsequenzen einer Festanstellung bewusst ist (bisher war sie ja ihr eigener „Herr“). Und heraus zu finden, wie ich Ihre Stärken herausstellen kann. Dauer des Gespräches: ca. 1 Stunde 

Bei so einem Gespräch wird automatisch eine wichtige persönliche Beziehung aufgebaut. 

Anfertigen der Unterlagen 

Zunächst habe ich ihren alten Lebenslauf „auf Vordermann“ gebracht. Ihre beruflichen Stationen teilweise zusammengefasst, die Aufgaben optimaler formuliert, manche Stationen weggelassen oder anders zugeordnet. Ich habe Qualifikationen, die sie selbst nicht erwähnt hatte, hinzugefügt und alles entsprechend in ein Formular eingefügt. Wichtig ist hierbei, dass man auch den Lebenslauf auf die entsprechende Stellenanzeige anpasst. Z. B. bei manchen beruflichen Stationen, die dortigen Aufgaben ausführlicher beschreibt, die evtl. besser zu den Anforderungen passen. 

Daraufhin musste ich mir das Anschreiben überlegen. Die Herausforderung hier besteht eindeutig in der langen Familienpause. Die erforderliche fachliche Qualifikation (staatlich anerkannte Erzieherin) lag vor. Außerdem musste ich darauf achten, in ihrer „Tonality“ zu schreiben. Es macht keinen Sinn, Fremdwörter zu gebrauchen, die die Bewerberin niemals verwenden würde. 

Da die Bewerberin während ihrer Familienzeit kontinuierlich im Familienbetrieb gearbeitet hat, habe ich ihre dortigen Aufgaben sowohl im Lebenslauf als auch im Anschreiben hervorgehoben. Von den Bewerbern wird oft übersehen, dass sie ja eine qualifizierte Position (zu Hause) ausfüllen.  Ich habe hervorgehoben, dass sie durch ihre 4 Kinder (im Home Office) ständig als Erzieherin gearbeitet hat. Dass sie durch den Familienbetrieb Analyse- und Problemfähigkeit, Flexibilität, Motivation/Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit und Einfühlungsvermögen mitbringt. Und auch kein Problem hat im Team (etwas anderes ist eine Familie für mich nicht) zu arbeiten sowie Ansprechperson für diverse Institutionen und Personen war.  

Daraufhin habe ich die relevanten (letzten) Zeugnisse/Arbeitszeugnisse zusammengestellt und die Bewerbung komplettiert. Nachdem ich alles mit der Bewerberin (ein weiterer Termin) besprochen hatte, stand dem Abschicken der Bewerbung nichts mehr im Weg. Die Bewerberin hat sich auf zwei konkrete Stellenanzeigen sowie einmal initiativ beworben. Die Bewerbung wurde jeweils von mir entsprechend angepasst. 

Bewerbungscoaching 

Auf jede der eingereichten Bewerbungen folgte ein Bewerbungsgespräch. In einem ca. 30 minütigem Gespräch bin ich mit ihr ihren Lebenslauf, Ihre Motivation und diverse andere evtl. aufkommende Fragen durchgegangen. Ich habe sie auf evtl. Schwächen hingewiesen und im Prinzip mit ihr ein Bewerbungsgespräch geführt. Wir haben über die Kleiderfrage gesprochen und andere offene Fragen von ihr geklärt. 

Das Ergebnis ist sehr erfreulich: Sie absolviert zurzeit bei zwei Einrichtungen Probe-Arbeitstage. Sie ist sich sicher, dass sie auf jeden Fall bei einer der Einrichtungen einen Vertrag unterschreiben wird. 

Fallbeispiel: Rückkehr nach längerer Pause